Monatsarchiv für Juni 2009

Kristina

Auf freiem Fuß

Israels Rechtssystem zeigt sich in diesen Tagen von seiner dunklen Seite: Dem israelischen Friedensaktivisten Ezra Nawi droht eine Gefängnisstrafe, weil er gewaltlos versucht hat, eine Hauszerstörung zu stoppen. Auf der anderen Seite soll nun eine Klage fallen gelassen werden gegen den israelischen Siedler Ze’ev Braude. Er hatte am 4. Dezember 2008 das Feuer gegen eine palästinensische Familie eröffnet und drei Familienmitglieder verwundet. Die Tat wurde von Jamal Abu Sa’ifan per B’tselem-Videokamera aufgezeichnet. Hier das Video:


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Kurz vorher, ebenfalls am 4. Dezember 2008, war die israelische Siedlung Beit HaShalom durch israelisches Militär geräumt worden, woraufhin es zu brutalen Ausschreitungen von Siedlern gegenüber Palästinensern kam. Die Familie, die Opfer des Siedlerübergriffs wurde, wohnt etwa 500 Meter Luftlinie von Beit HaShalom entfernt, direkt unterhalb der anderen israelischen Siedlung Kiryat Arbaa. Die Tat geschah, kurz nachdem ich nach Deutschland zurückgekehrt bin. Wir hatten die palästinensische Familie aber bereits vorher mehrmals besucht, weil sie schon in der Vergangenheit unter Übergriffen wie Steinwürfen oder Beschimpfungen zu leiden hatten. Heute ist in dem ehemaligen Siedlungsgebäude Beit HaShalom übrigens israelisches Militär stationiert.

Warum soll die Klage gegen den israelischen Siedler Ze’ev Braude nun eingestellt werden? Ganz einfach, weil Israels oberster Gerichtshof erklärt hat, dass ihm Beweise vorlägen, deren Veröffentlichung die Staatssicherheit verletzen würden. Das berichtete das Israelische Informationszentrum für Menschenrechte in den Besetzten Gebieten B’tselem am 8. Juni 2009:

Today [8 June 2009], it was reported that, following Supreme Court Justice Elyakim Rubinstein’s order that the state reveal privileged evidence in the case, the Jerusalem District Attorney’s Office intends to withdraw the indictment against Braude. The minister of defense had declared evidence privileged, contending that its disclosure would harm state security.

Wenn man gar nicht mehr weiter weiß, gibt’s also geheime Beweise, die die Staatssicherheit bedrohen könnten. Na dann.

Kristina

Hinter Gittern

Ezra Nawi, ein israelischer Friedensaktivist der Organisation Ta’ayush, hat mit uns in Hebron und Umgebung regelmäßig zusammengearbeitet. Wir haben zum Beispiel gemeinsam palästinensische Familien begleitet, die Opfer von Siedlerübergriffen geworden sind. Jetzt soll er ins Gefängnis, weil er 2007 versucht hat, eine Hauszerstörung durch das israelische Militär zu verhindern.

So weit ich weiß, handelt es sich um eine Hauszerstörung in Um Al Kher, einer Beduinen-Siedlung in den Bergen südlich von Hebron. Die Beduinen-Familien wurden ursprünglich aus Israel vertrieben und haben Flüchtlingsstatus (ich glaube, sie kamen aus der Negev-Wüste). Jetzt leben sie in der Westbank in Area C, das heißt sie haben praktisch keine Chance, Baugenehmigungen für Zelte, Häuser oder was auch immer zu bekommen. Wenn sie trotzdem bauen, rücken die Bulldozer an.

Das war 2007 der Fall, als Ezra dort war und das war letzten Herbst so, etwa eine Woche, nachdem wir die Familien mit einem Vertreter von UNOCHA besucht hatten. Das absurde ist, dass einen Steinwurf von Um Al Kher entfernt die israelische Siedlung Karmel steht mit dutzenden Trailern, also Außenposten, die – da trau ich mich wetten – bestimmt auch nach israelischem Recht illegal aufgestellt wurden. Nachdem die israelische Siedlung in der Westbank steht, also auf palästinensischem Land, ist natürlich ganz Karmel mit und ohne Außenposten, nach internationalem Recht illegal.

Ezra hatte also allen Grund, sich gegen die Hauszerstörung einzusetzen. Sein couragiertes Handeln soll nun aber bestraft werden. Ich würde mich freuen, wenn Sie die Kampagne unterstützen, zum Beispiel indem Sie die vorformulierte email auf folgender Website absenden: www.freeezra.org. Dort finden Sie auch weiterführende Informationen.

Hier der Film von der Hauszerstörung 2007, die Ezra (der Mann mit der grünen Jacke) verhindern wollte:


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Und hier noch ein paar Fotos von Um Al Kher vor …

… und nach der Hauszerstörung letzten Herbst 2008: