01.04.2009
Hier schreibt die Leserin (Teil II)
Eigentlich wollte ich mir gestern einen ruhigen Abend machen, aber da Landesbischof Friedrich bezüglich EAPPI große Redefreude entwickelt, die mit einem Artikel in den Nürnberger Nachrichten belohnt wurde, war noch ein Leserbrief fällig. Vielen Dank an dieser Stelle an die fleißigen Kommentatorinnen und Kommentatoren, die mich auf den Artikel hingewiesen und mich zum Schreiben angespornt haben! Im wesentlichen ist es die gekürzte Version des Leserbriefs an das Münchner und Rothenburger Sonntagsblatt von vorgestern. Hoffentlich fällt ihm morgen nicht gleich wieder ein, dass er noch irgendwo ein Interview geben könnte: meine Wäschestapel bügeln sich nicht von selbst…
Hier also der Artikel:
Landesbischof Friedrich sparte auf der evangelischen Landessynode nicht mit Kritik am Freiwilligendienst EAPPI in Palästina. Er machte sich Sorgen, dass die Freiwilligen nur die palästinensische Sichtweise mitbekommen und nahm an, dass eine „ausgewogene Beurteilung der Lage“ durch ehemalige Freiwilligendienstler „nicht möglich“ sei.
Dem muss ich scharf widersprechen: Ich war selbst im vergangenen Herbst über EAPPI in Hebron und kann daher aus erster Hand sowohl über die Situation in Palästina wie auch über das Programm berichten. Die israelische Sichtweise nimmt breiten Raum bei der Ausbildung der Freiwilligen ein: Sowohl in den über 20 Trainingstagen im Vorfeld, während unserer einwöchigen Tour durch Israel in der Mitte des Einsatzes und auch in der täglichen Arbeit haben wir unterschiedlichste israelische Sichtweisen zum Nahostkonflikt kennen gelernt. Einer der sechs Standorte von EAPPI ist Jerusalem: es ist also mitnichten so, dass sich alle Aktivitäten auf die palästinensischen Autonomiegebiete beschränken. An unserer Exkursion nach Sderod, einem der israelischen Orte, der aus dem Gazastreifen beschossen wird, konnte ich leider nicht teilnehmen. Der Grund? In meinem Einsatzort Hebron griffen zu dieser Zeit gerade hunderte von militanten Siedlern zum Teil mehrmals täglich palästinensische Familien an und trieben diese aus ihren Häusern.
Friedrichs Kritik ist aber schon deswegen nicht angebracht, weil sich in dem Konflikt keine gleichstarken Gegner gegenüberstehen. Ein Konflikt zwischen einer Besatzungsmacht und einem besetzten Volk findet nicht auf Augenhöhe statt. Dass damit ein absolutes Übergewicht der Verstöße gegen humanitäres Völkerrecht und Menschenrechte von Seiten Israels gegenüber Palästinensern einhergeht, liegt nahe und lässt sich auch mit einem Blick auf die Internetpräsenz www.ochaopt.org erfassen, der mit der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen betrauten UN-Organisation.
Wer in diesem Konflikt abwägend Stellung bezieht, marginalisiert dadurch die ständigen Menschen- und Völkerrechtsverletzungen der Besatzungsmacht und nimmt einseitig Stellung zugunsten Israels.